Roboterunterstützte Therapie für Schlaganfallpatienten: Ein Durchbruch in der Rehabilitation
Beitrag unseres leitenden Neurologen Prim. Priv.-Doz. Dr. Peter Lackner.
Prim. Lackner ist Facharzt für Neurologie und Abteilungsleiter der Neurologie in der Klinik Floridsdorf. Seine Ordination befindet sich bei uns im Therapiezentrum in der Wiener Seestadt.
Neben seinen Tätigkeiten im Spital und als Facharzt leitet Prim. Lackner das Karl-Landsteiner Institut für klinische und akutneurologische Forschung und ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der ÖGNR (Österr. Gesellschaft für Neurorehabilitation). Zusätzlich leitet er die Arbeitsgruppe Neurologische Notfälle der ÖGN (Österr. Gesellschaft für Neurologie).
Die Suche nach wirksamen Therapiemöglichkeiten zur best- und schnellstmöglichen Wiederherstellung der Mobilität und Unabhängigkeit nach einem Schlaganfall ist von entscheidender Bedeutung. Roboterunterstützte Physio- und Ergotherapie, auch bekannt als robotische Neurotherapie (RNT), hat in den letzten Jahren erhebliches Interesse auf sich gezogen. Diese innovative Methode nutzt hochmoderne robotische Therapiegeräte, um eine intensive und gezielte Rehabilitation für Schlaganfallpatienten zu ermöglichen.
Die RNT hat in Hinsicht auf die grundlegenden Mechanismen der Neurorehabilitation und Neuroplastizität die experimentell und auch klinisch gut belegt sind einige wesentliche Vorteile:
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Hohe Intensität, Repetitionsrate und Aufgaben-Spezifität sowie multisensorischer Input:
Neurowissenschaftlich betrachtet aber auch unterstütz von klinischen Untersuchungen geht man aktuell davon aus, dass der wesentlichen Trigger für die Neuroplastizität nach Hirn- / Rückenmarkschädigungen ein früher, intensiver, hochfrequenter afferenter Input der geschädigten neuronalen Struktur darstellt (multimodaler bottom-up Zugang). Dies ist mit robotischen Hilfsmitteln sehr spezifisch möglich.
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Kardiorespiratorische Effizienz:
Nachdem bei vielen Patient*innen vor allem in der Frühphase der Erkrankung Einschränkungen der kardiorespiratorischen Fitness besteht ist die konventionelle Therapie häufig nicht oder nur im eingeschränkten Maße bzw. in niedriger Frequenz möglich. Nachdem die Repetitionsrate eine der wesentlichen Faktoren für die Induktion von Neuroplastizität darstellt, ist mit robotischen Methoden ein früher multimodaler bottom-up Input trotz eingeschränkter kardiorespiratorischer Reserven möglich.
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Teilnahme der Patient*innen:
Ein weiterer limitierender Faktor für eine nachhaltige frühzeitige Neurorehabilitation ist oft die Motivation der Patient*innen. Robotische Therapieformen haben hier im Vergleich zu konventionellen Methoden den Vorteil, dass die Patientenmotivation durch Performance-Feedback und dem Einsatz von spielerischen Komponenten (Gamification) häufig höher gehalten werden kann und dies insbesondere in der wichtigen Frühphase nach neurologischen Schädigungen zu einer erhöhten Compliance führt.
Die Behandlung von Patienten nach einem Schlaganfall ist eine der vielversprechendsten Anwendungen von RNT. Dies haben auch einige Studien gezeigt. Durch die hohe Intensität, die spezifischen Bewegungsmuster und den multisensorischen Input, den RNT bietet, können Schlaganfallpatienten eine verbesserte Gehfähigkeit und funktionelle Unabhängigkeit erlangen.
Besonders bemerkenswert ist, dass die roboterunterstützte Gangtherapie (RAGT) für Schlaganfallpatienten einen deutlichen Vorteil gegenüber der konventionellen Physiotherapie bietet.
In einem rezenten Cochrane Review wurde die Evidenz systematisch zusammengefasst und es zeigt sich für die RAGT beim Schlaganfall ein klares Bild. Patient*innen, die nach einem Schlaganfall RAGT erhielten, hatten eine deutlich höhere Chance wieder unabhängig gehfähig zu werden als bei konventioneller Physiotherapie. Vor allem Patient*innen die zu Beginn der Therapie nicht gehfähig waren profitierten von der RAGT. Ein frühzeitiger Beginn (innerhalb der ersten 3 Monate nach Schlaganfall) scheint ebenso ein positiver prädiktiver Faktor zu sein.
Weiters hat eine Meta-Analyse von Cochrane aus dem Jahr 2018, in der 45 Studien mit insgesamt 1619 Patient*innen zusammengefasst wurden, gezeigt, dass roboterunterstütze Armtherapie eine hochsignifikante Verbesserung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs), der Armfunktion sowie der Muskelstärke bewirken kann. Die Patienten-Adhärenz war bei allen verschiedenen Therapiegeräten sehr hoch und Nebenwirkungen waren äußerst selten.
Insgesamt zeigt die zunehmende Evidenz, dass roboterunterstützte Therapie eine vielversprechende Option für die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten darstellt. Mit weiteren Forschungen und Entwicklungen in diesem Bereich könnten wir in Zukunft noch bessere Ergebnisse erzielen und die Lebensqualität von Schlaganfallüberlebenden weltweit verbessern.